24. April 2025 Tagespost
Thomas Hartwig bewahrt mit seinen Büchern nicht nur den Völkermord an den Armeniern vor dem Vergessen.
Ein Gespräch V O N J O N A S G R Ü S S E M
Kennen Sie Armin Theophil Wegner?“ Diese Frage von Lola Landau (1892–1990), einer deutsch-jüdischen Schriftstellerin, stand am Beginn des armenischen Abenteuers von Drehbuchautor, Schriftsteller und Regisseur Thomas Hartwig. Auf den Spuren des deutschen Sanitätsoffiziers und Zeitzeugen Wegner (1886–1978), der
im Ersten Weltkrieg in Ostanatolien und Konstantinopel in den Diensten des deutschen Kaiserreiches stand und Bildaufnahmen vom Völkermord an den Armeniern gemacht hat, bereiste Hartwig zuerst die Türkei und dann auch Syrien. In der Heimat der Armenier, dem ältesten christlichen Volk der Welt, fand er jedoch nur wenige ihrer Spuren und noch weniger Einsicht bei jenen, die als Sieger aus der Geschichte hervorgegangen sind. Seine
Bücher, die er unter anderem Wegner widmete, um ihm ein Denkmal zu setzen, sind im Salon Literatur Verlag erschienen: „Die Armenierin“ (2014) und „Land, das die Sonne mir schenkte“ (2019). Am 24. April 1915 verhafteten die Osmanen in Konstantinopel mehr als 2 000 Mitglieder der armenischen Elite. Heute, am 110. Gedenktag für die Opfer des Völkermordes an den Armeniern, spricht Hartwig über seine eindrucksvolle Reise, das Schicksal des armenischen Volkes.
……
Auch Ihren neuesten Roman „Mein Herz brannte nach deinem Herzen“ werden Sie erneut einer Minderheit widmen. Um was geht es in dem Buch?
Im „Museum of Modern Art“ (MOMA) in New York lernt der Berliner Filmemacher und Drehbuchautor Ferdinand die junge Judith kennen. Zunächst scheint es ein Missverständnis zu sein, als sie sich ausgerechnet vor der Statue „Der Kuss“ von Auguste Rodin begegnen. Doch Ferdinand gelingt es, in Erfahrung zu bringen, dass Judith die Tochter von Überlebenden des Holocausts ist. Er beschäftigt sich seit Jahren mit den Schicksalen jener
Menschen, die wegen der Verbrechen der Nationalsozialisten ihre Heimat verlassen mussten und in der sogenannten neuen Welt, in den Vereinigten Staaten von Amerika, eine neue Heimat gefunden haben. Ferdinand und Judith kommen sich schnell näher. Während eines leidenschaftlichen Urlaubs auf Kreta entbrennt
trotz gegenseitiger Widersprüche der Wunsch nach einem gemeinsamen Leben. Ihr gemeinsames Glück scheint vollkommen zu sein, als Judith sich dazu entschließt, endlich nach Berlin umzuziehen. Doch die Widersprüche, insbesondere Judiths Erbe, als Tochter von Holocaust-Überlebenden, sowie die unterschiedlichen
Erwartungen an das eigene Leben, stellen sie beide vor sehr große Herausforderungen.